Wie es soweit kommen konnte



Als 1971 Louis Armstrong starb, waren die Fernsehkanäle voll von Dixieland-Sendungen. In einer dieser Sendungen, einem Konzertmitschnitt, erlebte der oberschwäbische Trompeter und Bandleader Ekke Wall eine Formation, die mit drei Trompeten im Satz auftrat. Wall war beeindruckt und versuchte später, Schallplatten dieser Formation aufzutreiben, leider ohne Erfolg. So beschloß er, aus der Not eine Tugend zu machen und schrieb seine eigenen Arrangements für drei Trompeten.

Eher zufällig ergab sich kurz darauf eine Möglichkeit, die Resultate dem Publikum vorzuführen : Die Riedlinger Fasnachts-Narrenzunft suchte für ihren jährlich zweimal stattfindenden Fasnachtsball nach einer Abschlußnummer mit Musik. Wall kam ins Gespräch, die Verhandlungen verliefen erfolgreich. Das begeisterte Publikum konnte unter dem Namen "Rentnerband" erstmals eine Dixieland-Formation erleben, bei der anstelle der sonst üblichen einen Trompete gleich deren drei zu hören waren. Bereits damals als Zugabe im Programm : der legendäre "Tiger Rag".

Die Auftritte der "Rentnerband" auf der Riedlinger Fasnacht entwickelten sich zur Tradition. Alljährlich kamen neue Titel zur Aufführung. Der "Tiger Rag" jedoch wurde als Zugabe regelmäßig lautstark eingefordert.

Wie alle jährlich wiederkehrenden Ereignisse unterlag allerdings auch dieses bei Musikern und Publikum gewissen Verschleißerscheinungen. So wurde die "Rentnerband" nach über zehnjähriger Fasnachts-Präsenz 1983 in aller Stille "beerdigt", die Arrangements verschwanden im hintersten Winkel einer untersten Schreibtisch-Schublade. In den Folgejahren war Wall damit beschäftigt, seine Dixieband Stützles Halbe Stompers zur vielleicht bekanntesten Dixiecombo Oberschwabens auszubauen.

Parallel dazu wurde in Laupheim der "Laupheimer Dreikönigsjazz" geboren, ein jährlich stattfindendes Konzert, bei dem mehrere Bands zugunsten eines sozialen Zwecks auftraten. Kaum verwunderlich, daß auch die Stützles Halbe Stompers bald zum festen Programmpunkt gehörten.

Der zehnte Dreikönigsjazz im Jahr 1995 erwischte Wall in einem Motivationsloch, es fehlte ihm die rechte Lust, wieder die obligatorischen fünf bis sechs Stützles Halbe Stompers-Titel runterzuspielen. Er erinnerte sich an seine "Rentnerband"-Arrangements, stockte die Halbe Stompers kurzerhand um zwei zusätzliche Trompeter auf und präsentierte nach nur einer Probe einen Drei-Trompeten-Satz. Publikum und Presse waren begeistert, andere an dem Konzert beteiligte Bands waren sauer ("Wenn wir gewußt hätten, daß die uns so die Show stehlen, wären wir nicht aufgetreten" ; O-Ton eines der "Konkurrenten"). Damals als Aushilfe beteiligt : Knalle Wall, Konstanzer Tubist und selbst Bandleader.

In der Euphorie nach dem Auftritt waren sich die Musiker einig, es wäre schade, die Arrangements nun wieder in die Schreibtischschublade zu verbannen. So wurde eine Allstar-Band aus der Taufe gehoben, bei der Ekke und Knalle Wall zu gleichen Teilen die Musiker und die Arrangements stellen sollten. Die Leitung übernahm Knalle Wall.

Knalle forstete in der Folgezeit seine eigenen Arrangements durch, empfand sie jedoch als ungeeignet. Also entschloß er sich, seinen Anteil völlig neu zu erstellen. Der nächste Schritt, die Konzeption eines in sich schlüssigen, auf maximale Publikumswirkung abgestimmten abendfüllenden Programms bei feststehender und durchdachter Titelfolge, lag auf der Hand. Besondere Sorgfalt wurde auf die Auswahl der beteiligten Musiker gelegt. Als besonders wertvoll erwies sich hier zum einen die jahrzehntelange Jazzroutine Ekke Walls, zum anderen das breite Spektrum Knalle Walls, der in seiner vergleichsweise kurzen Karriere bereits bei ca. 25 Bands gespielt hatte, so daß auf einen riesigen "Pool" an Musikern zurückgegriffen werden konnte.

So stand relativ schnell fest, wer dazugehören sollte : die drei "Stützles Halbe Stompers" Ekke Wall, Alex Schaller und Bruno Bischofberger, ferner aus dem Bodenseeraum Knalle Wall (der es sich natürlich nicht nehmen lassen wollte, selbst mitzuspielen), "Fish" Maisch und Wolfgang Hepting, und schließlich der Riedlinger Trompeter Melle Strang.

Probleme machte die Besetzung von Klavier und Schlagzeug. Zwar standen die Herren Bung und Manzecchi von vorneherein als Wunschkandidaten fest. Nur genossen beide einen derart legendären Ruf als Musiker, daß sich Knalle niemals hätte träumen lassen, die zwei könnten ausgerechnet mit ihm zusammenarbeiten wollen. Letztendlich faßte er sich jedoch ein Herz, fragte seine Wunschkandidaten und war überglücklich, als er von beiden eine Zusage erhielt.

Nun konnte es losgehen - trumpet summit war komplett. Nach einem intensiven Probenblock folgte ein furioses Premierenkonzert im oberschwäbischen Riedlingen, von dem Publikum und Musiker heute noch schwärmen.

Darauf folgten allerdings die ersten Rückschläge. Kommerzielle Veranstalter für unser Programm konnten wir so gut wie keine finden - zu viele Musiker, daher zu teuer, zu unbekannt... Ausweg : Wir veranstalteten unsere Konzerte selbst und mußten dabei feststellen, daß die Skepsis der Konzertagenturen berechtigt war. Die Presse war zwar immer begeistert und überschlug sich mit Lob, das Publikum indes hätte etwas zahlreicher sein können. "Höhepunkt" in dieser Phase war ein Konzert in Rottweil, wo wir beschlossen, nur aufzutreten, wenn mehr Zuhörer als Musiker da wären. Dieses Ziel wurde knapp (9 Musiker, 12 Zuhörer) erreicht. Glücklicherweise hatte der Hausherr ein Einsehen und erließ uns die Saalmiete.

Zum Teil waren wir auch regelrecht vom Pech verfolgt - schönstes Beispiel war unser Konzert in Ravensburg. Auf der Anfahrt wurden wir von einem Schneesturm überrascht, steckten im Stau und verspäteten uns um eine knappe Stunde. In Ravensburg selbst mußten wir feststellen, daß die Konzerthalle ganz oben auf einem Berg lag, die Zufahrtstraße war vollkommen vereist und mit dem Auto nicht zu befahren. Die Instrumente mußten den Berg hoch getragen werden. Oben angekommen stellten wir fest, daß neben der Halle ein wichtiges Eishockeyspiel stattfand und alle Ravensburger, die sich bei diesem Wetter überhaupt aus dem Haus wagten, in der Eishockeyarena saßen. Das Konzert mußte abgesagt werden. Last but not least erwies sich Knalles alter Daimler der Dauerbelastung im Stau auf der Rückfahrt nicht gewachsen - Motorschaden.

In der damaligen Zeit wurde trumpet summit getragen vom Idealismus der beteiligten Musiker - dies kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Schließlich betreibt gut die halbe Band den Jazz als Beruf und muß mit den erspielten Gagen Miete und Lebensunterhalt bestreiten. Da schmerzt es natürlich sehr, wenn man nach insgesamt gut sechs Stunden Arbeit, Anfahrt usw. mit ein paar Mark fuffzig nach Hause kommt, und dafür womöglich noch einen anderen, lukrativeren Job absagen mußte. Fazit : So konnte es nicht weitergehen.

Im Januar 1997 wurde beschlossen, ein Demo-Tape aufzunehmen, um potentielle zahlende Veranstalter wenigstens mit unserer Musik gehörig beeindrucken zu können. Dazu wurde ein Konzert veranstaltet, technisches Gerät gemietet, ein befreundeter Elektrotechniker zu dessen Bedienung abkommandiert. Kleine Ursache mit (wie man noch sehen wird) großer Wirkung : Einer der ungefähr 30 Schalter des Mehrspur-Recorders stand in falscher Position. Resultat : zehn Cassetten, die außer Grundrauschen rein gar nichts enthielten. Und das nach einem unserer besten Konzerte überhaupt.

Da sich ein solcher Flop nicht wiederholen sollte, beschlossen wir, im nächsten Anlauf gleich Nägel mit Köpfen zu machen und eine CD zu produzieren. Und nun gingen die Probleme erst richtig los.

Eine Band mit neun vielbeschäftigten Musikern aus unterschiedlichen Teilen Süddeutschlands wird zwangsläufig mit massiven Terminproblemen konfrontiert (teilweise mußten wir unsere Konzerte drei Monate im voraus planen, um einen Termin zu finden, an dem alle Musiker verfügbar waren). Studioaufnahmen mit der kompletten Band waren aufgrund der notwendigen Intensiv-Probenarbeit unmöglich. Also entschieden wir uns für das sogenannte Overdub- (= Sandwich-)Aufnahmeverfahren, bei dem jeder Musiker seinen Part allein einspielt, jeweils auf die Aufnahme des vorherigen. Die Folge : keine Terminprobleme, dafür aber wesentlich mehr erforderliche (teure) Studiozeit. Wir mußten feststellen, daß die Einrichtung eines kompletten Studios beinahe billiger wäre, als die Zeit eines etablierten Tonstudios zu mieten (der PC macht´s möglich).

Nach ungefähr neun Monaten war die Computertechnik soweit fortgeschritten, das Studio eingerichtet, die Aufnahmen konnten beginnen. Knalle erhielt die ehrenvolle Aufgabe, die Produktion und technische Durchführung zu übernehmen und mußte sich zu diesem Zweck die Grundzüge der Tontechnik aneignen - keine leichte Aufgabe (als schlichter Bassist der Handgezupft-und-Mundgeblasen-Fraktion hatte er sich verschiedentlich schon den Unwillen seiner Musikerkollegen zugezogen, weil er mit der Einstellung der drei Knöpfe seines Baßverstärkers nicht klarkam).

Während der Aufnahmen konnten wir uns nicht entscheiden, welche Titel aus unserem Repertoire auf eine CD drauf sollten und welche nicht. Zu schade war´s um jedes Stück. Daher wurde kurzerhand das komplette Repertoire eingespielt. Im August 1998 erschien die erste CD, die sich dank einiger großzügiger Sponsoren recht schnell amortisierte und auch bei unseren treuen Fans viel Begeisterung auslöste. So konnte dann im April 1999 der zweite Silberling veröffentlicht werden.

Wie geht´s weiter ? Abwarten. Zunächst mal sind wir für alle Schandtaten zu haben und hoffen auf zahlreiche Engagements. Und falls unsere Produktionsgesellschaft Chorus Records irgendwann zuviel Geld haben sollte - wer weiß -, dann gibt´s auch wieder eine neue CD.






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